Im Jahre 1994 hatte die UNESCO das Industrie­ensemble der ehemaligen Völklinger Hütte an der Saar als Weltkulturerbe anerkannt und in die Liste weltweit bekannter Kulturgüter wie das indische Tatsch-Mahal oder den Pariser Eiffelturm aufgenommen.

Mit der Stillegung der Hochöfen und Nebenanlagen im Jahre 1986 hatte der Strukturwandel der Montanindustrie bereits vor Einstellung des Bergbaus im Saarland einen bedeutenden Meilenstein gesetzt. Die 62 Hektar große Industriebrache mit dem beeindruckenden Hochofenwerk und verschiedenen Nebenanlagen an zentraler Stelle zwischen Stadtzentrum Völklingen und der Saar bot neue Planungs- und Entwicklungsperspektiven. Sie mündeten ein in der Festlegung für den weitgehenden Erhalt der Hochofengruppe, von der ein kleiner Teil bereits im Jahre 1986 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Der ebenfalls in diesem Jahr beantragten Aufnahme des gesamten Hochofenensembles in die UNESCO-Weltkulturerbe-Liste wurde schließlich zum Ende des Jahres 1994 stattgegeben.

Seither hat die Natur sich so manchen Teil des ehemaligen Hüttengeländes nach und nach zurückerobert. Wir wissen noch nicht lange, was die Natur eigentlich macht, wenn sie sich das „Kulturreich“ wieder Zug um Zug zurückholt, zudem kann die Abfolge je nach Lage und Ausgangssituation recht unterschiedlich ausfallen. Einwandernde Lebensgemeinschaften und Biozönosen durchlaufen eine Entwicklung bis zu einem stabilen Endstadium, der in der Regel in einem geschlossenen Baumbestand mündet, dem Wald. Sukzession nennen die Fachleute die Abfolge der unterschiedlichen Stufen dieser Entwicklung, der wir in der Kulturlandschaft durch landwirtschaftliche Bodenbearbeitung oder Beweidung immer wieder entgegenwirken.

Doch auf dem Hüttengelände zeigt sich an vielen Stellen, wie die ehemals entstandenen Wunden, die der Mensch im sozialen Wandel zur Industriegesellschaft der Natur zwangsläufig zufügen musste, allmählich wieder vernarben. Da werden Betonflächen durch Moose und Flechten eingenommen, Mauern verschwinden hinter Gestrüpp von Brombeeren und Ginster. Birken und Weiden, Ahorn und Buche versuchen Fuß zu fassen und bilden natürliche Sichtblenden vor unansehnlich dastehenden, allmählich verfallenden Betonwänden. Es ist der Charme des Vergänglichen, der von diesen Orten ausgeht, nicht nur von den „lost places“ der unmittelbaren Arbeitsstätten der Stahlarbeiter mit ihren Werkzeugen und Armaturen im Inneren des Werkes, sondern auch hier, wo der Himmel inzwischen wieder blau geworden ist.

Es lohnt sich aber nicht nur bei Sonnenschein beim Besuch einer der aktuellen Ausstellungen die Schritte einmal in den hinteren Bereich des Hüttengeländes zu lenken und etwas genauer hinzusehen, um den aufregenden Prozess des „retour à la nature“ einmal „life“ zu erleben.

In der Kokerei, ein Bereich, an dem einst Hitze, Staub und Feuer regierten, einem der schwersten und härtesten Arbeitsplätze überhaupt, ist ein kleines „Paradies“ entstanden. Es ist der „wilde“ Landschaftsgarten, der seit mehr als 20 Jahren sich selbst überlassen bleibt und schon beinahe in Vergessenheit geraten ist. Hier können sich Tiere und Pflanzen frei entfalten und haben sich Schritt für Schritt einst verlorenes Terrain wieder zurückerobert. Nach den Plänen von Catherina Gräfin Bernadotte von der Insel Mainau entstand ein Landschaftsgarten wo auf 33 000 Quadratmetern Industrie und Natur in 12 Gartenräumen inszeniert wurden – ein „Backstage“ der Industriekultur unter blauem Himmel.