mit „Achtsamkeit“ in der Natur gegen Stress, Angst und Wut

Zurück zu den Wurzeln. Warum immer nur in die Ferne schweifen…? Grand Canyon, Ngorongoro-Krater, Outback auch hierzulande gibt es lohnende Ziele. Sie sind direkt vor der Haustür, energieneutral „per pedes“ zu erreichen: Der Wald

Ein „Ökosystem“ das rund ein Drittel der Fläche der Bundesrepublik Deutschland bedeckt, 51 Baum- und mehr als 6 000 Tierarten beherbergt und ihnen Raum bietet. Es hat wohl erst der Verstädterung, der Beschleunigung der Arbeitswelt, den Klimawandel und am Ende auch Peter Wohllebens Bücherhype /Bestseller bedurft, um vielen Menschen den Wald wieder näher zu bringen, sie für die Faszination von Eiche und Buche, Fichte und Tannenbaum zu begeistern.

Dabei gibt es an japanischen Universitäten den Forschungszweig Waldmedizin bereits seit dem Jahre 2012. Der japanische Begriff Shinrin-yoku kann mit Waldbaden übersetzt werden und bezeichnet das, was man im Land der aufgehenden Sonne als anerkannte Stress-Management-Methode längst anerkannt hat.

Selbst wenn die Wogen der inneren Zuwendung zu den hölzernen Elementen dem einen oder anderen doch zu sehr ins Esoterische gehen mögen, so wird daran doch eines deutlich: die Sehnsucht nach Stille, Natur, Abgeschiedenheit. Die Suche nach dem Kontrast zur Hektik und Geschäftigkeit des Alltags ist vielen Menschen ein echtes Bedürfnis.

Der Deutsche Wellnessverband (DWV) bestätigt, dass die japanische Naturbewegung auch hierzulande seine Anhänger gefunden hat. Eine Studie der Universität Exter vom Juni letzten Jahres stellt fest, dass bereits zwei Stunden jeglicher Art von Naturaufenthalt pro Woche nicht nur ausreichend, sondern auch optimal sind, um das wahrgenommene gesundheitliche Wohlbefinden nennenswert zu steigern.

Ohne Zweifel ist die Referenz von Dr. Wald als Heilbringer und Sanierer von Körper und Geist seit Jahren belegt und dies nicht erst seit dem Jahre 1984. Damals bescheinigte das renommierte Wissenschaftsmagazin „Science“ dem Wald sozusagen mit höchsten akademischen Weihen, dass bereits sein Anblick ein Gesundmacher sei. In die betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung einzurechnen ist die besonders saubere Luft: Sie enthält (- Feinstaub adieu -) bis zu 90 Prozent weniger Staubteilchen als in der Stadt.
Wissenschaftler der Wing Li Nippon Medical School der Universität Tokio zeigen auf: bereits ein halbstündiger Waldspaziergang wirkt wie eine Sauerstofftherapie – das Blut fließt besser durch die Adern, Kopfschmerzen verschwinden oder entstehen erst gar nicht. Bäume verströmen Botenstoffe wie z.B. ätherische Öle, die einen positiven Einfluss auf das Immunsystem haben. Sie sollen es in seiner Abwehrfunktion stärken, so die Vermutungen und Hinweise, indem sie die Produktion von körpereigenen Killerzellen gegen Krebs stimulieren.

Es sind wohl oft die schönen Erinnerungen an die Kindheit, das Spielen, Suchen, Sammeln im Wald, die unbeschwerte, selbstvergessene Zeit oder der entspannte Sonntagsspaziergang, die den Wald zum Erholungsgebiet machen. Mit allen Sinnen das Gegenwärtige erfassen, ohne es zu bewerten und sich daran zu ereifern. Mit „Achtsamkeit“ dem Wald und damit sich selbst zu begegnen, ist die Devise. Da lassen sich ein paar meditative Yoga-Stellungen und Atemübungen gut einbeziehen – und warum nicht auch gelegentlich eine Baumumarmung. Die Wahrnehmung, das achtsame, absichtslose Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes ist es, dass den Anreiz und die Attraktivität für den Zivilisationsmenschen ausmacht. Dabei ist es wichtig, sich sehr langsam fortzubewegen, um schließlich entschleunigt wieder im Alltag anzukommen.

Kein Zweifel, „Waldbaden“ ist in. Spezielle Spas und Baumhaushotels laden zur Entspannung und Erholung unter hochragenden Bäumen oder gleich in luftiger Höhe ein und werden zur Konkurrenz und ernsthaften Alternative der etablierten Wohlfühltempel zwischen Sauna und wassergeprägtem Badevergnügen. In die Natur einzutauchen, sie als Ort der Inspiration und Entspannung zu erfahren, indem man barfuß über Moos wandelt, federleicht in Wanderschuhen auf einem weichen Teppich aus klein gehäckselten Holzspänen seinen Zielen entgegenstrebt, Bäume in den Arm nimmt/umarmt und bewusst einatmet – das „erdet“. Es lässt so manche Alltagssorgen vergessen, macht den Kopf frei für neues und schafft Abstand.

Auch die Kosmetikindustrie hat den Trend inzwischen destilliert und bietet auch Kritikern und Skeptikern die Möglichkeit, sich dem Bedürfnis nach mehr Wald im Leben auf eigene Weise zu nähern: mit einem Schaumbad, das nach Latschenkiefer duftet, mit einer 450 Euro Nacht (allerdings dann doch in schwedischen) Baumkronen (treehotel.se) oder mit einem „echten“ Waldspaziergang, bei dem das Handy tabu bleibt. Wer dem melancholischen Wintergesang des Rotkehlchens oder dem Klopftremulo des Buntspechts lauschen möchte, dem bieten die wärmenden Sonnenstrahlen auch an kalten Tagen Gelegenheit zum „eintauchen“ in die geheimnisvolle Welt einer Landschaft, die mehr ist als die Summe ihrer Bäume.

www.waldbaden.com
www.waldbaden.org

Was ist Wald ?

Als Wald gilt „jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche“ einschließlich zugehöriger Wege, Lichtungen und Holzlagerplätze. Sie muss mindestens 1000 Quadratmeter groß sein, kleine Baumgruppen zählen nicht dazu. Alle zehn Jahre ziehen Förster in Deutschland im Rahmen der Bundeswaldinventur „staatlich“ Bilanz, erfassen dessen Zustand, zuletzt im Jahre 2012.

Wieviel gibt es ?

11,4 Millionen Hektar (ein Hektar sind 100 mal 100 Meter) oder 32 Prozent der Fläche Deutschland sind bewaldet. Mehr hat nur die Landwirtschaft mit 52 Prozent zur Verfügung. Auf ihre Landfläche bezogen sind Hessen und Rheinland-Pfalz am dichtesten bewaldet, am wenigsten ist es Schleswig-Holstein.

Was ist er wert ?

Ökologisch sind die Waldökosysteme unbezahlbar als Lebensraum vieler Arten. Jährlich nehmen sie sechs Prozent der hiesigen Emissionen auf. Ökonomisch liefert er Holz und bietet einer Million Menschen Arbeit. Deutschland hat mehr Holzvorräte als jedes andere EU-Land. 3,7 Milliarden Festmeter (das ist die forstwirtschaftliche Größe, sie entspricht einem Kubikmeter).